Gesetzentwurf

Die Bundesregierung will Bürgerinnen und Bürger angesichts steigender Energie- und Nahrungsmittelpreise steuerlich entlasten. Hierzu beschloss die Bundesregierung am 16.3.2022 ein „Steuerentlastungsgesetz 2022“. Folgende Regelungen sollen danach rückwirkend zum 1.1.2022 in Kraft treten:

Pendlerpauschale

Die eigentlich für den 1.1.2024 geplante Erhöhung der Pauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer auf 38 Cent soll auf den 1. Januar 2022 vorgezogen werden.

Arbeitnehmerpauschbetrag

Der Arbeitnehmerpauschbetrag für Werbungkosten soll um € 200,00 auf € 1.200,00 erhöht werden. Der erhöhte Freibetrag soll ebenfalls rückwirkend ab dem 1.1.2022 gelten. Bereits in 2022 vorgenommene Lohnsteuerabzüge sind von den Arbeitgebern zu korrigieren. Hinsichtlich der Art und Weise der Korrektur können die Arbeitgeber eine Neuberechnung für die zurückliegenden Lohnzahlungszeiträume durchführen. Alternativ kann eine Rückerstattung erfolgen. Keine Neuberechnung ist erforderlich, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keinen Arbeitslohn mehr bezieht oder wenn die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt oder ausgeschrieben worden ist.

Grundfreibetrag

Der Grundfreibetrag wurde bereits zum 1.1.2022 von € 9.744,00 auf € 9.984,00 angehoben. Zum Ausgleich der hohen Inflation soll dieser nun ein weiteres Mal um € 363,00 auf € 10.347,00 angehoben werden. Dieser erhöhte Freibetrag gilt rückwirkend ab dem 1.1.2022. Für die Anhebung um € 363,00 wurde eine Inflationsrate von 3 % unterstellt.

EEG-Umlage

Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz/EEG soll zum 1.7.2022 entfallen. Die Maßnahmen geschehen in der Erwartung, dass die Stromanbieter die sich daraus ergebende Entlastung der Endverbraucher in Höhe von 3,723 ct/kWh in vollem Umfang weitergeben. Die Übertragungsnetzbetreiber sollen verpflichtet werden, die EEG-Umlage angesichts veränderter Rahmenbedingungen unterjährig neu zu berechnen. Des Weiteren sollen die Ausnahmen, die an die EEG-Umlage gekoppelt sind, ebenso wie die Ausnahmen von den Energiesteuern sowie Kompensationsregeln mit Wirkung zum 1.1.2023 überprüft und angepasst werden. 

Stand: 28. April 2022

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Energiepreispauschale

Zusätzlich zur Abschaffung der EEG-Umlage sollen alle Bürgerinnen und Bürger eine Energiepreispauschale von einmalig € 300,00 erhalten. Dies wurde neben weiteren Maßnahmen vom Koalitionsausschuss am 23.3.2022 beschlossen. Lohnsteuerpflichtige Erwerbstätige in den Steuerklassen 1 bis 5 sollen die Pauschale als Zuschuss zum Gehalt über ihre Lohnabrechnung erhalten. Die Pauschale unterliegt allerdings der Einkommensteuer. Selbstständigen soll die Pauschale als Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlungen zufließen.

Absenkung der Energiesteuer

Darüber hinaus will die Bundesregierung die Energiesteuern auf Kraftstoffe für drei Monate herabsenken. Gesenkt werden soll auf das europäische Mindestmaß. Die Bundesregierung will auch sicherstellen, dass die Absenkung die Verbraucher tatsächlich erreicht.

Transferzahlungen

Empfänger von Sozialleistungen erhalten neben der bereits beschlossenen Einmalzahlung von € 100,00 pro Person weitere € 100,00 dazu. Familien erhalten für jedes Kind einen Einmalbonus von € 100,00, der auf den Kinderfreibetrag angerechnet wird.

Verbilligtes Nahverkehrsticket

Der Koalitionsausschuss hat sich außerdem darüber geeinigt, dass jeder für 90 Tage ein Ticket für € 9,00 zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs erhalten kann.

Stand: 28. April 2022

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BVerfG-Entscheidung (BVerfG hält 6 % für zu hoch)

Das Bundesverfassungsgericht

BVerfG hat mit Beschluss vom 8.7.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) den bei einer Vollverzinsung angewandten Zinssatz von sechs Prozent als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Grund hierfür sind die anhaltenden Niedrigzinsen. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis 31.7.2022 eine Neuregelung zu schaffen, welche rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 anzuwenden ist.

Gesetzentwurf

Das „Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ sieht eine Absenkung des Zinssatzes für die Vollverzinsung auf 0,15 % pro Monat bzw. 1,8 % pro Jahr vor. Der Zinssatz gilt für Nachzahlungszinsen und Erstattungszinsen gleichermaßen. Nach dem Referentenentwurf wurde der neue Zinssatz aus der Mitte zwischen den Habenzinsen (0 %/Jahr) und dem Mittelwert der besicherten und unbesicherten Konsumentenkredite (3,8 %/Jahr) bemessen. Der Gesetzentwurf hält an einem festen Zinssatz fest. Nach den Vorgaben des BVerfG hätte aber ausdrücklich eine Evaluationsklausel getroffen werden müssen. Eine Anpassung des Zinssatzes an das allgemeine Marktniveau müsste daher fallweise getroffen werden.

Anwendung

Unter der Voraussetzung, dass das Gesetzespaket bis 31.7.2022 beschlossen wird, dürfte mit einer zeitnahen Neuberechnung und Nachveranlagung der seit 2019 ausgesetzten Zinsfestsetzungen zu rechnen sein.

Hinterziehungszinsen

Die Senkung betrifft ausschließlich Zinssätze der Vollverzinsung. Für Hinterziehungszinsen gelten unverändert 0,5 % pro Monat bzw. 6 % im Jahr. 

Stand: 28. April 2022

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Neues BMF-Schreiben

Die Finanzverwaltung unterstützt Hilfeleistungen an Ukraine-Flüchtlinge auch steuerlich. Gemäß dem BMF-Schreiben vom 17.3.2022 (IV C 4 – S 2223/19/10003 :013) gelten bis 31.12.2022 folgende Regelungen und Vereinfachungen:

Spenden

Für den Sonderausgabenabzug von Spenden auf für Ukraine-Hilfen gesondert eingerichtete Sonderkonten qualifizierter Spendensammler gilt ein vereinfachter Zuwendungsnachweis ohne betragsmäßige Beschränkung. Es genügt in diesem Fall der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des betreffenden Kreditinstituts. Ausreichend ist auch ein eigener Ausdruck eines Onlinebanking-Überweisungsbelegs.

Betriebsausgabenabzug

Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen können in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Die für Geschenke an Nichtarbeitnehmer geltende Betragsgrenze von € 35,00 (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz/EStG) findet in solchen Fällen keine Anwendung. Steuerwirksam zugewendet werden können u. a. Wirtschaftsgüter, sonstige betriebliche Nutzungen oder Geld. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer durch seine Hilfeleistungen wirtschaftliche Vorteile erstrebt, z. B. indem er öffentlich auf seine Leistungen aufmerksam macht.

Umsatzsteuer

Sachspenden in Form der unentgeltlichen Bereitstellung von Gegenständen oder der Bereitstellung von Personal besteuert die Finanzverwaltung im Billigkeitswege nicht als unentgeltliche Wertabgabe. Voraussetzung ist, dass die Zuwendungen an Einrichtungen geleistet werden, die einen unverzichtbaren Einsatz in der Ukraine-Krise leisten. Der Vorsteuerabzug für die gewährten Leistungen kann in Anspruch genommen werden.

Arbeitslohnspenden

Verzichten einzelne Arbeitnehmer auf einen Teil des Lohnes und beteiligen sich diese so an den Hilfsmaßnahmen des Arbeitgebers, bleiben diese Lohnteile beim steuerpflichtigen Arbeitslohn außer Ansatz. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber bestimmte Verwendungsauflagen erfüllt. Die sozialversicherungsrechtlichen Abgabepflichten bleiben allerdings für Lohnspenden bestehen. Außerdem dürfen die steuerfreien Lohnteile bei der Einkommensteuerveranlagung nicht mehr als Spende berücksichtigt werden.

Stand: 28. April 2022

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Wird der private Nutzungsanteil von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen nicht durch ein Fahrtenbuch, sondern mittels der Ein-Prozent-Methode ermittelt, ermäßigt sich der Anteil bei Hybrid-autos und teuren Elektrofahrzeugen auf die Hälfte; bei Elektrofahrzeugen bis € 60.000,00 brutto sogar auf ein Viertel. Für die Umsatzsteuer gilt diese Sonderregelung allerdings nicht. Beträgt der Listenpreis für ein Elektrofahrzeug € 50.000,00, ist die private Nutzung mit einem Viertel von einem Prozent = € 125,00 zu versteuern. Es muss aber trotzdem Umsatzsteuer in Höhe von 19 % aus einem Prozent = € 95,00 für die private Überlassung abgeführt werden.

Änderung des Anwendungserlasses

Mit Schreiben vom 7.2.2022 (III C 2-S 7300/19/1004:001) ergänzt und ändert das Bundesfinanzministerium/BMF den Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Ersetzt wird u. a. der Begriff „Kraftfahrzeuge“ durch „Fahrzeuge“ (Abschnitt 15.23 Abs 5 Satz 4 Nr. 1). Danach wird zum Ausdruck gebracht, dass in die umsatzsteuerlichen Regelungen nicht nur PKWs, sondern auch Elektrofahrräder einbezogen werden, die einer Kennzeichen-, Versicherungs- und Führerscheinpflicht unterliegen. Darüber hinaus stellt die Finanzverwaltung u. a. in Abschnitt 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 klar, dass für umsatzsteuerliche Zwecke „die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge“…„nicht anzuwenden“ sind. 

Billigkeitsregelung für Firmenfahrräder

Einzelheiten zum Vorsteuerabzug und zur Umsatzbesteuerung von Firmenfahrrädern werden in einem neuen Abschnitt 15.24. geregelt. Steuerpflichtige finden darin erstmalig eine Billigkeitsregelung, wonach für Fahrräder, die nicht mehr als € 500,00 brutto gekostet haben, von einer umsatzsteuerpflichtigen entgeltlichen Überlassung abgesehen werden kann. Diese Betragsgrenze sollte beachtet werden. Denn auch bei nur geringer Überschreitung ist für Dienstfahrräder Umsatzsteuer für eine entgeltliche Nutzungsüberlassung abzuführen.

Stand: 28. April 2022

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Hochsteuerländern sind international tätige Konzerne, die durch Gewinnverlagerungen in Steueroasen-Staaten keine oder eine nur geringe Körperschaftsteuer zahlen, schon seit langem ein Dorn im Auge. Die Organisation für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung skizzierte bereits 2019 ein Modell für eine Mindeststeuer. Dieses von der OwECD entwickelte Modell wurde beim Treffen der G-20-Staats- und Regierungschefs Ende Oktober 2021 in Rom gebilligt. Der in der sogenannten „Säule 2“ vorgeschlagene Mindeststeuersatz von 15 Prozent soll nun ab 2023 umgesetzt werden.

Umsatzschwelle

Details hierzu wurden vor Kurzem veröffentlicht. Die Mindestbesteuerung soll grundsätzlich für alle multinationalen Konzerne mit einem Jahresumsatz von mindestens € 750 Mio. gelten. Staaten könnten aber auch individuell entscheiden, die Mindestbesteuerung unterhalb des Schwellenwertes von € 750 Mio. anzuwenden. Darüber hinaus gebe es eine Ausnahme für Einkünfte aus der internationalen Seeschifffahrt.

Musterregelungen

Für die Umsetzung beider Säulen der OECD-Steuerreformpläne werden derzeit Musterregelungen erarbeitet. Es liegt im Interesse aller Staaten, das Inkrafttreten ab 1.1.2023 sicherzustellen.

Stand: 28. April 2022

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Hohe Anzahl anonymer Hinweise

Die Finanzverwaltung Baden-Württembergs hat als erste Finanzbehörde vor rund einem Jahr ein anonymes Hinweisgeberportal für Anzeigen wegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug eingerichtet. In einer Pressemitteilung vom 18.3.2022 gibt das Finanzministerium Baden-Württemberg nun erste Details bekannt.

Anzahl der Anzeigen

Die Zahl der Anzeigen im Hinweisgeberportal ist gestiegen. Zwischen August 2021 und Februar 2022 sind 2.608 Anzeigen eingegangen. Es wurden daraufhin 23 Strafverfahren eingeleitet, wobei in zwölf Fällen die Steuerfahndung tätig wurde. Damit wurden im Zeitraum Oktober 2021 bis Februar 2022 bei circa einem Prozent der Hinweise Strafverfahren eingeleitet.

Qualität der Hinweise

Das Finanzministerium hält die Qualität der Hinweise, die über das digitale Portal eingehen, „ähnlich wie bei den analogen Hinweisen“. Für den Finanzminister Baden-Württembergs ist die „Qualität der Hinweise noch nicht so hoch wie erhofft“. Dennoch dürfte Baden-Württemberg an dem Onlineportal festhalten. Denn über das Portal können auch brauchbare Hinweise für rein steuerliche Ermittlungen gewonnen werden.

Stand: 28. April 2022

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Höherer Scheckwert

Mit Erhöhung der Sachbezugswerte können in 2022 an die Mitarbeiter Restaurantschecks über maximal € 6,67 je Kalendertag ausgegeben werden. Denn wie bisher kann der Sachbezugswert um € 3,10 überschritten werden. Der Mitarbeiter muss nur € 3,57 versteuern bzw. diese Zuwendung kann vom Arbeitgeber mit 25 % pauschal versteuert werden (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz/EStG). Dadurch tritt auch Sozialversicherungsfreiheit ein.

Keine Scheckhortung

Unverändert gilt, dass die Mitarbeiter die Schecks nicht horten dürfen. Die Steuervergünstigungen gelten also nur, wenn der Mitarbeiter täglich einen Scheck einlöst. Auch Mitarbeiter im Homeoffice dürfen Restaurantschecks erhalten.

Stand: 28. April 2022

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