Sterbegeldbezüge als steuerpflichtige sonstige Einkünfte?

Andere Leistungen

„Andere Leistungen“, die von berufsständischen Versorgungseinrichtungen gezahlt werden, unterliegen im Regelfall als „sonstige Einkünfte“ der Einkommensteuerpflicht (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes). Eine katalogmäßige Aufzählung der steuerpflichtigen „anderen Leistungen“ enthält das Gesetz nicht. Die Besteuerung „anderer Leistungen“ zählt daher zu den häufigsten Streitpunkten mit dem Finanzamt.

Sterbegelder

So auch in dem Fall, den das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden hatte (Az. 4 K 1203/11). Streitpunkt war ein von der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte gezahltes Sterbegeld. Das FG hat entschieden, dass die Leistung nicht als andere Leistung der Besteuerung unterliegt. Begründung: Es handelt sich hier nicht um kapitalisierte „wiederkehrende Bezüge“.

Auffassung des Bundesfinanzhofs

Gegen das FG-Urteil ist ein Revisionsverfahren anhängig (Az. X R 13/14). Der Bundesfinanzhof hat allerdings in zwei ähnlich gelagerten Verfahren die Steuerpflicht von Einmalleistungen bejaht. In einem Verfahren ging es um die Steuerpflicht einer einmaligen Kapitalzahlung des Versorgungswerks der Apothekerkammer. Für eine Besteuerung als „andere Leistung” sei nach Auffassung des BFH nicht zugleich das Vorliegen wiederkehrender Bezüge maßgeblich (Urt. v. 23.10.2013, X R 3/12). Ebenso als steuerpflichtig wertete der BFH einmalige Teilkapitalleistungen des Zahnärztekammer-Versorgungswerkes (Urt. v. 23.10.2013, X R 21/12). Die Entscheidung in dem anhängigen Revisionsverfahren des FG Baden-Württemberg bleibt also spannend.

Fazit

Ärztinnen und Ärzte müssen auch für einmalige Leistungen aus ihren Versorgungswerken, die keine wiederkehrenden Bezüge darstellen, stets mit einer Einkommensteuerpflicht rechnen. Der BFH hat allerdings auch betont, dass Kapitalleistungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen als „außerordentliche Einkünfte“ betrachtet und ermäßigt besteuert werden können.

Stand: 27. Mai 2015

EuGH versagt Umsatzsteuerbefreiung

EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie

Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie soll eigentlich die Umsatzbesteuerung im Rahmen eines gemeinsamen Mehrwertsteuersystems EU-weit einheitlich regeln. Viele darin enthaltene Artikel sind allerdings stark „auslegungsbedürftig“. So auch der Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie (MwStSystRL). Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen …, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“.

Der Fall

Eine Zeitarbeitsfirma hatte Fachkräfte an stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen verliehen. Die von den Einrichtungen erbrachten Leistungen waren nach dem Umsatzsteuergesetz steuerbefreit. Das Finanzamt unterwarf die Verleihtätigkeit dem Regelsteuersatz. Die Zeitarbeitsfirma vertrat hingegen die Auffassung, dass die Steuerbefreiungsvorschrift für die stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen anzuwenden sei.

EuGH-Urteil

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass sich Pflegekräfte, „die ihre Leistungen unmittelbar an Pflegebedürftige erbringen“, oder Zeitarbeitsunternehmen, die solche Pflegekräfte an soziale Einrichtungen vermitteln, nicht auf die Umsatzsteuerbefreiung berufen können. Die Umsatzsteuerbefreiung könne nicht unmittelbar auf das Personal eines Zeitarbeitsunternehmens angewandt werden (EuGH Urteil vom 12.03.2015, Rs C-594/13).

Stand: 27. Mai 2015

Krankentagegelder aus privater Krankenversicherung

Progressionsvorbehalt

Unter dem Progressionsvorbehalt wird der Einbezug von dem Grunde nach steuerfreien Einkünften in die Berechnung des ab einer bestimmten Höhe ansteigenden progressiven Steuersatzes verstanden. Der maßgebliche Steuersatz für die steuerpflichtigen Einkünfte errechnet sich unter dem Progressionsvorbehalt somit inklusive der steuerfreien Einkünfte.

Krankengeld

Ein Beispiel für den Progressionsvorbehalt stellen Krankengeldleistungen der gesetzlichen Krankenkassen dar. Krankengelder sind steuerfrei, müssen aber bei der Steuersatzbemessung den übrigen steuerpflichtigen Einkünften hinzugerechnet werden.

Krankentagegeld

Krankentagegelder der privaten Krankenversicherungen unterliegen hingegen nicht dem Progressionsvorbehalt und erhöhen nicht den Steuersatz für die übrigen Einkünfte. Der Bundesfinanzhof (BFH) sah in der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Krankengeldern und Krankentagegeldern keinen verfassungsrechtlichen Verstoß (Urt. v. 13.11.2014, III R 36/13). Vielmehr würden auch nach Einführung des Basistarifs in der privaten Krankenversicherung Unterschiede zwischen den beiden Versicherungssystemen bestehen.

Geringe praktische Bedeutung

Der BFH sah in der Nichteinbeziehung des privaten Krankentagegeldes in den Progressionsvorbehalt bei privat Krankenversicherten im Basistarif eine nur geringe praktische Bedeutung. Denn solche Fälle würden nur selten vorkommen. Selbstständige erhalten nur im Ausnahmefall Krankengeld und Beamtenbezüge würden auch während der Krankheitsdauer fortgezahlt.

Sozialstaatsprinzip

Der BFH sah in der Einbeziehung des Krankengeldes in den Progressionsvorbehalt auch keinen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip. Neben dem Krankengeld unterliegen auch Verletztengelder, Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder Versorgungskrankengelder dem Progressionsvorbehalt.

Stand: 27. Mai 2015

Der Fall

Eine niederländische Internet-Apotheke hatte, um ihrer berufsrechtlich geschuldeten Beratung zu genügen, den Patienten für die telefonische oder schriftliche Beantwortung von Fragen zu ihrer Erkrankung und für die Übersendung des Rezeptes eine Aufwandsentschädigung zugesagt. Die Apotheke deklarierte ihre Lieferungen an Privatpatienten als steuerpflichtiges Versandhandelsgeschäft, die Lieferungen an Kassenpatienten als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an gesetzliche Krankenkassen. Soweit so gut. Der Knackpunkt lag allerdings darin, dass die Apotheke bei den Privatpatientenlieferungen die gezahlten Aufwandsentschädigungen und die an Kassenpatienten geleisteten Beträge von der Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage abgezogen hat.

Bundesfinanzhof

Letzteres ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) nicht zulässig. Die Aufwandsentschädigung darf weder von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen noch als „negative Umsätze“ steuermindernd geltend gemacht werden (Beschluss vom 24.02.2015, V B 147/14).

Stand: 27. Mai 2015

BFH: Studie muss therapeutischen Zwecken dienen

Der Fall

Eine medizinisch-diagnostische Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR nahm an zwei Studien von Pharmafirmen teil. Die vereinnahmten Honorare behandelte die Praxis GbR als Entgelte für eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das erstinstanzliche Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urt. v. 22.04.2014, 2 K 10245/11) wies die Klage ab mit der Begründung, dass die Teilnahme an Studien für Pharmaunternehmen nur unter der Voraussetzung eine Heilbehandlung sein könne, dass diese therapeutischen Zwecken diene.

Heilbehandlungen

Der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde ebenfalls ab (Urt. v. 11.12.2014, XI B 49/14). Gemäß dem Umsatzsteuerrecht sind „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin” (§ 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes) umsatzsteuerfrei. Dieser Begriff umfasst nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie der Rechtsprechung Leistungen, „die der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen“. Zweck der Maßnahmen muss es sein, die menschliche Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Sonstige „ärztliche Leistungen”, „Maßnahmen” oder „medizinische Eingriffe”, die zu anderen Zwecken erfolgen, stellen keine Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dar. Für diese greift folglich auch nicht die Umsatzsteuerfreiheit.

Fazit

Die Frage des umsatzsteuerfreien Arzthonorars für eine Studienteilnahme lässt sich nicht allgemein beantworten. Sie hängt von dem Umstand ab, ob die Studienteilnahme therapeutischen oder anderen Zwecken dient. Ärztinnen und Ärzte trifft hierfür die Feststellungslast. Ist im Einzelfall der therapeutische Zweck strittig, sollte mit den Pharmaunternehmen ein Honorar zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart werden.

Stand: 25. Februar 2015

BFH stuft Seminare als steuerfreie Heilbehandlung ein

Raucherentwöhnungsseminare

Der Bundesfinanzhof hat die Durchführung von Raucherentwöhnungsseminaren als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung angesehen. Solche Veranstaltungen können als vorbeugende Maßnahme des Gesundheitsschutzes gelten, sofern eine medizinische Indikation vorliegt (Urt. v. 26.08.2014, XI R 19/12).

Sammelüberweisungen

Gleichzeitig sah der BFH die von Betriebsärzten vorgenommenen Sammelüberweisungen von Arbeitnehmern zur Teilnahme an solchen Seminaren zum Nachweis der gebotenen medizinischen Indikation als ausreichend an.

Stand: 25. Februar 2015

Bleaching aufgrund einer Vorerkrankung und –behandlung

Umsatzsteuerfreie Heilbehandlung

Tätigkeiten von Zahnärztinnen und Zahnärzten fallen grundsätzlich unter die für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin geltende Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes-UStG). Streitig war bisher, ob auch Zahnaufhellungsleistungen (sogenanntes Bleaching) darunter fallen. Die Finanzverwaltung lehnte eine Steuerbefreiung bisher stets mit der Begründung ab, es würde sich hier nur um optische Schönheitsleistungen handeln.

Bleaching als Heilbehandlung

Zahnaufhellungen fallen dann unter die umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistungen, wenn sie zur Aufhellung von infolge einer Vorerkrankung und –behandlung nachgedunkelten Zähnen durchgeführt werden.

Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden (Urt. v. 09.10.2014, 4 K 179/10). Unerheblich war für die Finanzrichter, dass das Bleaching keinen über ihre optische Einflussnahme hinausgehende Wirkung entfaltet. Wesentlich ist, dass das Bleaching auf die Beseitigung der optischen Folge einer Krankheit oder Gesundheitsstörung gerichtet ist. Bleaching sei dann als Teil einer Gesamtbehandlung einer Gesundheitsstörung zu sehen.

Fazit

Aus dem Verfahren lässt sich die Erkenntnis gewinnen, dass auch Behandlungsmaßnahmen, die rein einem optischen Zweck dienen, als Heilbehandlungsleistung von der Umsatzsteuer befreit sein können. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Leistungen dazu dienen, die aufgrund vorhergehender Behandlungen von Gesundheitsstörungen verursachten Folgen zu beseitigen. Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen. Denn das Finanzamt beim Bundesfinanzhof hat Revision eingelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Az. V R 60/14 anhängig. 

Stand: 25. Februar 2015

Qualifizierung von Sondennahrung als Getränk

Der Fall

Streitig war, ob der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % auf die Lieferung flüssiger Nahrungsmittel für medizinisch indizierte Diäten anzuwenden ist. Die Nahrungsmittel dienten der ausschließlichen Ernährung von Patienten, die ihre Nahrung nur in flüssiger Form aufnehmen können.

Das Urteil

Der Bundesfinanzhof hat solche Sondennahrungsprodukte jetzt dem Regelsteuersatz von 19 % unterworfen (Urt. v. 24.09.2014, VII R 54/11). Begründung: Bei diesen Präparaten würde es sich um zum menschlichen Genuss geeignete und bestimmte Flüssigkeiten handeln. Unerheblich war, dass die Getränke, soweit sie allein als Sondennahrung bestimmt sind, geschmacksneutral und nicht mithilfe eines zugesetzten Aromas geschmacklich verbessert sind. Außerdem wurden die Produkte sowohl als Weithalsflasche als auch in einem Kunststoffbeutel vertrieben, was für die Anwendung des Regelsteuersatzes sprach.

Stand: 25. Februar 2015

Neuerungen durch das Fünfte SGB XI Änderungsgesetz

Höhere Beitragssätze

Zum 01.01.2015 ist das Fünfte Gesetz zur Änderung des Elften Sozialgesetzbuches in Kraft getreten. Mit Inkrafttreten des Gesetzes wurde der Beitragssatz um 0,3 % auf 2,35 % erhöht. Unverändert geblieben ist dabei der Beitragszuschlag für kinderlose Personen.

Neuer Pflegevorsorgefonds

Das Fünfte SGB-XI ÄndG regelt u. a. in einem neuen 14. Kapitel die Bildung eines neuen Pflegevorsorgefonds. Mit diesem Sondervermögen sollen die aufgrund der demografischen Entwicklung künftig deutlich steigenden Ausgaben aufgefangen werden. Insbesondere soll der Gefahr einer notwendigen Beschränkung des Leistungsniveaus der Pflegeversicherung begegnet werden.

Neue Pflegesätze

Ab dem 01.01.2015 gelten höhere Pflegesätze. Für häusliche Pflegeeinsätze werden in der Pflegestufe I € 468,– (bisher € 450,–) bzw. in der Pflegstufe II € 1.144,– (bisher € 1.100,–) und in der Pflegestufe III € 1.612,– (bisher € 1.550,–) gezahlt. Das Pflegegeld (bei selbst beschaffter Pflegehilfe) wird erhöht von € 235,– auf € 244,– (Pflegestufe I) bzw. von € 440,– auf € 458,– (Pflegestufe II) bzw. in der Pflegestufe III auf € 728,– (bisher € 700,–). Die Pflegesätze für vollstationäre Leistungen steigen in der Pflegestufe I auf € 1.064,– (bisher € 1.023,–), in der Pflegestufe II auf € 1.330,– (bisher € 1.279,–) und in der Pflegestufe III auf € 1.612,– (bisher € 1.550,–).

Ausblick

Das Änderungsgesetz ist das erste einer großen Pflegereform, welche allgemein als „Pflegeänderungsgesetz I“ bezeichnet wird. Gespannte Blicke richten sich vor allem auf den noch in dieser Legislaturperiode zu erwartenden zweiten Schritt und der Definition des neuen „Pflegebedürftigkeitsbegriffs“.

Stand: 25. Februar 2015

Kilometer- oder Entfernungspauschale?

Ärztinnen und Ärzte können Aufwendungen für berufliche Fahrten grundsätzlich als Werbungskosten geltend machen. Hier ist allerdings zu unterscheiden zwischen Fahrten von der Wohnung zur Praxis und solchen, die zum Besuch von Patienten durchgeführt werden. Für Fahrten von der Wohnung zur Praxis kann nur die sogenannte Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer angesetzt werden. Für Patientenbesuche können hingegen die Kilometerpauschale von 30 Cent für jeden gefahrenen Kilometer bzw. die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden (bei Führung eines Fahrtenbuches).

Hausbesuche auf Weg zur Praxis

Eine Ärztin nahm regelmäßig auf dem Weg von ihrer Wohnung in die Praxis Hausbesuche vor. Sie behandelte diese Fahrten als Dienstfahrten und setzte hierfür die Kilometerpauschale an. Das Finanzamt setzte hingegen nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten an.

Urteil FG München

Das Finanzgericht München gab der Finanzverwaltung Recht. Auch durch berufliche Anlässe unterbrochene Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte würden als solche Fahrten gelten. Entscheidend für die Richter war der eigentliche Zweck der Fahrten. Diese wurden unstreitig zum Aufsuchen der Praxis vorgenommen. Die anlässlich dieser Fahrten durchgeführten Hausbesuche würden den Charakter der Fahrt nicht ändern, so die Finanzrichter (Urt. v. 06.06.2014, 8 K 3322/13).

Stand: 25. Februar 2015